Stress färbt die Welt grau

21.12.2022

Geistige Dysbalance durch Stress

Entspanne dich, lass das Leben durch dich hindurchfließen und nimm einfach wahr, was um dich herum geschieht. Ohne Bewertung... Oft, sind wir so sehr im Alltag, in unseren Verpflichtungen, Sorgen und Ängsten verstrickt, dass wir nur noch das wahrnehmen können was Negativ ist. Die Welt wird immer düsterer. Im Trott des Alltags können wir so ermüdet sein, dass die Aufmerksamkeit nur noch für das Bewältigen der nächsten Krise, Katastrophe oder Schicksalsschlag reicht. Wir beschwören diese geradezu herauf. Wir blicken nur noch auf Trigger, mögliche Gefahren und sehen überall Missgunst. 

Mit anderen Worten unsere Welt wird immer grauer, trister und voller Widrigkeiten...

Denn wir verlieren den Blick für neutrale oder positive Erlebnisse. Wir werden sozusagen blind für andere Details im Leben. So kippen wir leicht in eine eher negative Grundstimmung. Es festigt sich unsere innere Haltung der Missgunst und Kleinkariertheit: Wir müssen uns dauernd gegen mögliche Gefahren und Aggressoren verteidigen...

Um die Vergrößerungslupe vor dem nächsten Berg an Problemen, etwas zur Seite zu schieben, hilft es kurz inne zu halten und dich zu fragen:

  • Wann hast du das letzte Mal einfach nur wahrgenommen was ist?
  • Wann durfte das Leben einfach so sein wie es ist?
  • Was geschieht gerade im Moment rund um dich?

Übung: Geh doch für die nächsten 10 Minuten einfach durch deinen Tag als wäre alles neu und du hättest es noch nie zuvor gesehen.

  • Was riechst du?
  • Was hörst du?
  • Was kannst du sehen?
  • Welche Menschen und Situationen begegnen dir?
  • Welche Details bleiben dir in Erinnerung?

Wenn wir oftmals unseren Verstand zur Ruhe kommen lassen, uns und unserer Umgebung innerlich ein Lächeln schenken und entspannen, dann merken wir, dass doch nicht alles negativ und nicht jeder Mensch ein potentieller Feind ist.

Achtsamkeit:

Mit Übungen die uns ganz im Jetzt verankern, schaffen wir Achtsamkeit uns selbst und unserer Wahrnehmung gegenüber. Wir können Dinge wieder leichter in den richtigen Kontext rücken. Ohne die Lupe des Stresses, wird der Berg wieder zum Ameisenhügel... Unsere Wahrnehmung wird wieder weiter und weniger einseitig. Plötzlich sehen wir wieder die Blumen am Straßenhand und ein nettes Lächeln von Kollegen.

Achtsamkeit ist der Zustand der es uns erlaubt uns selbst, unsere Emotionen und Handlungen sinnvoll und mit innerer Distanz wahrzunehmen und bewusst handzuhaben. Wir werden uns unserer Emotionen bewusst und können sie durch achtsames Erkennen besser nutzen und einordnen. Es erlaubt das Hinterfragen einer Situation oder Handlung. Wir können wieder klarer entscheiden ob unsere aktuelle Art zu denken, sinnvoll oder zielführend ist und uns dorthin bringt wo wir hinwollen.

Übungen für mehr Achtsamkeit im Leben können an jedem Ort, zu jeder Zeit durchgeführt werden. Ganz alltägliche Tätigkeiten lassen sich so durchführen, dass wir völlig im Hier und Jetzt sind.

Eine persönliche Anekdote: Eine Reise nach Santorin hat mich gelehrt, dass auch eine banale Tätigkeit wie Gehen spannend werden kann und nicht jedes Land unseren EU genormten Bauvorschriften folgt. Wer in Österreich lebt und aufwächst ist es gewohnt, dass Treppen und Stufen genormt sind, gewisse Maße und Abstände haben und grundsätzlich immer gleich sind. Ab mehr als 3 Stufen gibt es dann auch immer einen Handlauf und mittlerweile sind Straßen, Wege und öffentliche Gebäude sogar schon weitreichend Behinderten gerecht und Rollstuhl tauglich, gestaltet. Dies ist großartig und unglaublich bequem, verleitet uns jedoch sehr zur Unachtsamkeit.

Während also in Österreich mittlerweile bei Treppenbeginn und Treppenende die Stufen mit extra Sicherheitsstreifen markiert werden, stand ich mit großem Koffer und Reisegebäck eben nicht in Österreich und vor einer großen Herausforderung...

Santorin ist wunderschön, mit den weiß gekalkten Gebäuden, Gassen, Wegen, Stiegen, Stufen und blauen Dächern. Die Schönheit des Moments und die Besonderheiten der Architektur wurden mir in wenigen Sekunden unfassbar vergegenwärtigt, als ich meinen ersten Schritt auf eine viel zu schmale, sehr hohe und sehr steile Stufe setzte... Es war der Beginn einer Stiege, die wunderschön weiß gekalkt über keine einzige einheitliche Stufe verfügte. Während die erste Stufe zu schmal war, fand ich die zweite viel zu breit und zu niedrig und die dritte war nicht waagrecht. Es war ein Abenteuer voller schräger, schmaler, hoher, weiter, enger Stufen und einem großen schweren Koffer... natürlich ohne Handlauf...

Ich bin gesund an meinem Ziel angekommen und seitdem verstehe ich Achtsamkeitsmeditation, im Sinne von ganz präsent im Hier und Jetzt zu sein auf einer anderen Ebene. Um den amerikanischen Verhaltensmediziner Jon Kabat-Zinn zu zitieren: 

Wenn ich jetzt diese Treppen hochgehe, weiß ich, dass ich es tue." Kabat

Neben herrlichen Urlaubserinnerungen erlaubt Achtsamkeitstraining uns Handlungsautomatismen und gedankenlose Routinen zu durchbrechen. Wir sind gegenwärtiger.

Bevor ich noch auf einige gute Möglichkeiten des Achtsamkeitstrainings eingehe, möchte ich an dieser Stelle anmerken, wie wichtig es ist besonders bei Achtsamkeit an einen geistigen Muskel zu denken. Achtsamkeit wird mit dem regelmäßigen Üben trainiert. Wer monatelang im Stressrad gefangen ist, wird ebenso an geistiger Achtsamkeitskondition einbüßen, wie ein Läufer Ausdauer einbüßt wenn er Wochen lang nicht läuft. So ist es auch ganz klar, dass zu Beginn des Trainings die Achtsamkeit nicht sehr lange gehalten werden kann. Dies ist völlig normal und überhaupt kein Problem. Wer täglich 10 Minuten übt und sich vielleicht tagsüber immer wieder selbst fragt: Wie fühle ich mich jetzt gerade? - wird schon bald merken, dass die geistige Ausdauer wächst.

Fazit zu Achtsamkeit: 

  • ist anstrengend
  • lebt von regelmäßiger Übung
  • 10 Minuten täglich üben
  • immer wieder innehalten und die eigenen Emotionen wahrnehmen
  • kann mit der Zeit auch über einen längeren Zeitraum gehalten werden

Wie werde ich achtsamer?

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten Achtsamkeit zu üben. Vera F. Birkenbihl gibt unter anderem das Beispiel, einen Korridor (den man sonst immer unbewusst geht) einfach einmal rückwärts zu gehen. Wenn wir also alltägliche Tätigkeiten anders als sonst, vielleicht ganz langsam oder sehr schnell durchführen, dann ist unsere Achtsamkeit gefordert.

Wer viele Filme ansieht kann sich Notizen anfertigen (was gefällt mir besonders gut, was gefällt mir überhaupt nicht). Das Ganze lässt sich auch mit Humor nehmen und daraus ein super Trinkspiel veranstalten: Wann immer bei einer Hollywood Produktion ein Klischee verwendet wird, wird getrunken... Ich kann nur nicht garantieren, dass wir es bis zum Ende des Films durchhalten.

Es gibt natürlich auch hervorragende Methoden die uns eine Stunde Auszeit erlauben und uns helfen eine Beziehung zu unserem Geist und unserem Körper herzustellen. 

Hierzu gehören unter anderem:

  1. Yoga
  2. Progressive Muskelentspannung
  3. autogenes Training 
  4. Meditation

Die beiden ersten Methoden nutzen den Körper um mehr Achtsamkeit sich selbst gegenüber zu praktizieren. Durch Bewegungen (Dehnungen, Drehungen, Atemrythmus und achtsames Training) wird speziell beim Yoga der Körper gestärkt, die Beweglichkeit gefördert und gleichzeitig kann man sich ganz tief ins eigene Selbst, die innere Ruhe und Stille fallen lassen. Durch den körperlichen Aspekt werden auch Stresshormone abgebaut und die Laune verbessert sich spürbar. Bei der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson kann ein sehr tiefer Zustand der Entspannung erreicht werden, da man sich durch das an- und entspannen der Muskelgruppen fast in eine Art Trance fallen lassen kann ohne einzuschlafen.

Autogenes Training und Meditation finden vorwiegend geistig statt und können in ganz unterschiedlichen Formen praktiziert werden. Mit Selbstaffirmationen oder positive Anweisungen an sich selbst kann die innere Stimmung oder auch der innere Monolog (oft negative Selbstgespräche - besonders in Stresssituationen), langfristig positiver und achtsamer gestaltet werden. Meditation wird ebenfalls in unterschiedlichsten Varianten praktiziert (Atem - basiert, Nichts - denken, geführte Meditationen...) in erster Linie geht es dabei jedoch um das nach Innen hören und wahrnehmen ohne zu bewerten. Aufsteigende Gedanken werden registriert doch sie ziehen weiter ohne, dass wir ihnen nachhängen oder folgen. Ziel ist es dabei, einfach bei sich zu bleiben.

Jeder Mensch hat unterschiedliche Zugänge und Vorlieben und so lohnt es sich, verschiedenste Methoden einmal auszutesten um herauszufinden, welche für einen selbst gut funktionieren und welche eben nicht. Ich wünsche euch viel Spaß beim Ausprobieren und freue mich über euer Feedback, eure Erfahrungen und Ideen!