Dankbarkeit, die Liebe zum Moment

07.04.2020

-eine neue Sichtweise

Ich freue mich so unglaublich, genau jetzt in diesem Moment über dieses Thema zu schreiben. Ich sitze gerade -wie ich das nun mal so gerne tue - bei einer Tasse Kaffee und blicke aus dem Fenster über das Feld hinweg. Es ist ein schöner Tag, herrliches Wetter, Sonnenschein und der Frühling macht sich so richtig bemerkbar. Alle Vögel zwitschern um die Wette, in ihrem Werben um eine bestimmte Vogeldame -Frühling halt.

Während ich also hier sitze, tief Luft hole und die Frühlingsgeräusche genieße, fühle ich mich -genau-dankbar. Dankbar für die herrliche Aussicht, den Tag, das Wetter, die Vögel und natürlich meine Tasse Kaffee! Ich schließe leicht die Augen und entspanne mich. Wie gut es mir doch geht und wie viel Glück ich habe, diesen Moment gerade sorgenfrei, jetzt, zu erleben und genießen zu dürfen!

Gerade jetzt, möchte ich nirgendwo sonst sein, nichts anderes tun, mit niemandem tauschen, sondern einfach nur sein, genießen und mich des Lebens erfreuen.

Schon sind wir mittendrin im Thema und nicht nur dabei.

Dankbarkeit ist zwar gesellschaftlich als Tugend etabliert, doch hatte ich wie die meisten Menschen mit dem Wort und was damit verbunden wird, große Probleme. Kennt ihr das? Wir sprechen gerade darüber wie sehr wir uns über etwas freuen und wie dankbar wir dafür sind und sehen dann diesen starren leicht ins Leere gehenden Blick unseres Gegenübers. Im Gespräch kann dann direkt gefühlt werden wie der andere innerlich zusammenzuckt.

Da ich es mir angewöhnt habe, die positiven, großartigen und schönen Erlebnisse des Tages anzusprechen und lobenswert zu erwähnen, passiert mir das hin und wieder einmal. Dabei will ich mein Gegenüber keineswegs verstören oder abschrecken. Im Gegenteil, es soll ja eigentlich eine Einladung sein, sich gemeinsam an etwas Schönem zu erfreuen. Doch kann dies nicht immer leicht angenommen werden, besonders wenn das Gegenüber eigentlich Probleme mit Dankbarkeit hat und eine innere Abneigung dagegen empfindet.

Nur um ganz konkret vorneweg eines klar zu stellen, es ist kein Problem mit Dankbarkeit an sich, sondern mit dem Wort und der Ladung an Schuld und Emotionsballast der damit einhergeht.

Dankbarkeit ist oftmals mit einer Art Opferhaltung, Selbsterniedrigung und einer Bittstellerhaltung verknüpft, zumindest gefühlter Weise. Man soll schön artig und gefälligst dankbar sein für die Güte des großen Herrn oder der großen Herren (dürfen auch hierarchisch höher gestellte Personen der Gesellschaft sein oder für viele auch Eltern...), der ein paar Brotkrumen auf das Arme Sünderselbst fallen lässt....

Angesichts dieses inneren Films der da vor den eigenen Augen abläuft, ist es also keineswegs verwunderlich, wenn es zu einer inneren Abwehrreaktion gegen eine solche Erniedrigung und Missachtung des eigenen Selbst kommt. Ich könnte natürlich jetzt verständlicherweise sagen, dass dies sogar eine sehr gesunde und selbst beschützende Art, zu reagieren ist. Tu ich aber nicht.

Dankbarkeit kann schließlich nichts dafür, dass wir den Begriff mit etwas beladen, dass gar nichts mit der eigentlichen Bedeutung zu tun hat!

Jetzt sagt ihr natürlich, ja aber man kann es doch gut sein lassen, warum in etwas herumstochern, wenn mit 10 Kilo Erde drauf, endlich so schön Frieden wäre und wir uns nicht um antiquierte Worte kümmern müssten?

Das Problem dabei ist nur, dass Dankbarkeit in seiner ursprünglichen Form eine der wichtigsten Verbündeten auf dem Weg zu Zufriedenheit, Glück und Lebensfreude ist. Jeder der mit Dankbarkeit auf Kriegsfuß lebt, beraubt sich selbst seines besten Cheatcodes zur eigenen Kraft und Güte. Daher heißt es Ärmel hochkrempeln, Schaufel in die Hand nehmen und nach der Ursprünglichkeit graben.

Was also ist denn Dankbarkeit nun eigentlich?

Vorneweg, Dankbarkeit ist nicht das Gegenteil von Hochmut, daher hat es auch nichts mit Demut zu tun! Somit dürfen alle mit innerem Kinofilm nun ganz beruhigt tief durchatmen und die innere Kriegsarmada wieder zurückpfeifen. Damit sind die inneren Stimmen gemeint, die schon wieder Gift und Galle spucken und auf die Barrikaden springen wollen. Allesamt zurück -Fehlalarm!

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Dankbarkeit viel eher als Gegenteil von Gleichgültigkeit, Selbstverständlichkeit und Unachtsamkeit einzuordnen ist. Das Gefühl ist eigentlich auch ohne Wertung, in dem Sinne, dass es nichts über etwas oder unter etwas stellt. Damit kann es auch nicht das Gegenteil von Hochmut sein. Wenn ich für etwas dankbar bin, bin ich deshalb nicht unterwürfig oder ein Opfer, dass unbedingt Hilfe braucht. Nein, denn ich schätze einfach etwas in seiner Einzigartigkeit so sehr, dass es mir eine innere diebische Freude bereitet. Dankbarkeit ist sehr viel näher am jauchzenden Gefühl der Freude, als an Unterwürfigkeit, dran...

Dankbarkeit kann auch als Oberbegriff folgender Gefühle gesehen werden: Wertschätzung, Achtsamkeit, Liebe, Genuss, diebische Freude, lautes Auflachen, Hingabe, Frieden;

Besonders den Aspekt des Genießens möchte ich dabei in den Vordergrund stellen. Es ist meiner Meinung nach einer der schönsten und heilsamsten Aspekte der Dankbarkeit. Einer der Gründe dafür ist, dass ich dabei ganz im Moment sein muss. Ich kann den wunderbaren Kaffeeduft nur jetzt in diesem Augenblick genießen. Dankbar zu sein für diesen einen Moment, des Abschaltens, des tiefen Atemzuges, wenn das frische Kaffeearoma eingesogen wird... Das Lächeln im Gesicht, ein Schluck und das Gefühl von Frieden, dass sich einstellt.

Dankbarkeit in seiner wahren Kraft, schafft es die eigenen Gedanken wegzuholen von allem dem sie so hinterher galoppieren. Egal ob es Sorgen (gegenwärtige oder zukünftige) oder Dinge die noch zu erledigen sind, sind. Für einen Moment kann man ganz beruhigt und gegenwärtig einfach die Sonne auf der Haut, das Lachen eines Kindes, die kuschelige Decke, ein gemütliches Beisammensein mit Partner, Freunde, Familie, genießen und die Welt, Welt sein lassen. Viele Menschen können das auch am allerbesten mit einem Haustier :).

Wie oft sorgt der Alltagsstress, die Hektik und das viele Müssen dafür, dass wir diese Dinge gar nicht wahrnehmen, dass Sie selbstverständlich sind und wir einfach immer schneller immer weiterlaufen, hetzen und rennen müssen? Nur noch dieses Projekt abschließen, jenes Ziel erreichen und dann, dann kann ich endlich leben und glücklich sein... Meistens funktioniert es ohnehin nicht, denn viele Menschen mit solch ungesundem Lebenswandel werden schwer krank. Selbst wenn es doch funktioniert und beispielsweise zu Weihnachten der ganze Stress vorbei ist, es wurden noch alle Geschenke gekauft, der Baum vorbereitet, alle zum Essen eingeladen und dann ist es soweit und man darf nach Wochen der Rennerei endlich feiern und soll auf Knopfdruck glücklich sein... Funktioniert nicht oder? Die Nervosität lässt sich nicht auf Knopfdruck abstellen, das Müssen meistens auch nicht und wenn dann doch plötzlich die Leere kommt, dann kommt auch die Krankheit oder Streit gleich mit.

Genau in solchen Momenten kann Dankbarkeit helfen, innezuhalten und zu genießen. Wer will denn mit 80 plötzlich aufwachen und feststellen, dass das Leben stattgefunden hatte während er gerannt und gehetzt ist?

Dankbarkeit ist es, wenn man die Dinge, die Menschen und Situationen nicht selbstverständlich nimmt, sondern den Moment genießen kann. Es ist die Achtsamkeit dem Leben gegenüber, dieses wahrzunehmen und die Gelegenheiten die sich bieten wirklich jetzt zu leben. Es ist das Gegenteil von der Illusion etwas morgen, nächste Woche oder in zehn Jahren auch noch machen zu können.

Meine Oma hat immer gesagt, sie bereut nicht was sie im Leben gemacht hat, egal wie schlecht es war, sie bereut nur die Dinge, die sie nicht gemacht hat, weil sie nicht durfte, konnte oder etwas anderes tun musste.

Wenn ich Zeit mit Menschen verbringe, dann bin ich hundert Prozent in dem Moment und genieße das Treffen, das Wiedersehen und die Einzigartigkeit der Menschen. Ich erwarte keine Perfektion und gebe mir selbst nicht vor wie ich zu sein habe, sondern bin einfach in dem Augenblick ohne Erwartungen. Ich freue mich, lache mit ihnen und genieße die Gesellschaft.

Dankbarkeit fühlt sich leicht an und ist eigentlich ganz zwanglos.


Gerne könnt ihr mir auch eure Momente der Dankbarkeit zusenden, ich würde mich sehr darüber freuen. In der Zwischenzeit, habt einen schönen Tag!


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