mentale Abgrenzung: Die Achtsamkeit sich selbst gegenüber

04.04.2020

Dies bedeutet für die eigenen Bedürfnisse einzustehen und Grenzen aufzuzeigen wo es notwendig ist. Sorge gut für dich selbst, sonst bist du niemandem eine Hilfe. Sich selbst und seinen Bedürfnissen gegenüber achtsam zu sein und diese wahrzunehmen ist eine wichtige Grundvoraussetzung für die eigene psychische Gesundheit.

  1. wenn es zu nahe kommt
  2. warum tue ich etwas
  3. ein Alltagsbeispiel
  4. Abgrenzung im Home Office


Abgrenzung: Wenn es zu nahe kommt

Bei den Sicherheitsanweisungen im Flugzeug wird jeder daraufhin gewiesen, darauf zu achten sich selbst zuerst die Sauerstoffmaske aufzusetzen und danach erst den Kindern, dem Partner und dem Sitznachbarn zu helfen. Warum? Wäre es nicht ritterlich zuerst um das Wohl des Nächsten bedacht zu sein? Nein. Der Grund dafür ist sehr einfach, niemand hat etwas davon, wenn wir ohnmächtig vom Stuhl fallen und dann auch noch eine Belastung für den Nächsten sind. Überlegen wir ganz logisch: Wir können vielleicht ein ohnmächtiges Kind aus dem Flugzeug tragen, aber was soll das Kind tun, wenn wir ohnmächtig sind? Vor allem würde das Kind jetzt Anweisungen von einem Erwachsenen benötigen, der jedoch gerade nutzlos im Eck liegt.

Es gibt auch im Volksmund die Aussage: Wer nichts hat, der kann nichts geben.

Auch hier ist nicht unbedingt von Gegenständen oder Besitz die Rede. Wer keine Geduld hat, ist für andere nur selten genießbar. Wer nicht gut für sich selbst sorgt, ist leicht reizbar, ungeduldig, kritisch und genervt.

Somit sollte grundsätzlich Raum und Platz dafür sein, sich selbst die Frage zu stellen, habe ich gut für mich gesorgt? Bin ich ausgeruht, physisch, psychisch und grundsätzlich gut gerüstet? Habe ich noch Kapazitäten übrig um auf die Welt und meine Mitmenschen losgelassen zu werden oder sollte ich mir lieber ein Warnschild umhängen:

Achtung: Kelomat -Druck ansteigend -Explosion möglich

Ehrlich gesagt, passiert mir das recht häufig... Wie oft am Tag hätte ich lieber doch etwas gelassener reagiert, nicht alles so persönlich genommen oder mal "Fünfe" gerade sein lassen?

Oftmals ist es auch nicht ein großes Lebens- veränderndes Ereignis, dass einem eine Schlagseite verpasst. Vielmehr sind es viele sich häufende Zwänge, Verpflichtungen und ganz viel "müssen", die für die gefühlte Belastung sorgen. Am Ende ist dann das Fass bereits so voll, dass es nur noch einen Auslöser braucht um die Explosion herbeizuführen. Haben Sie auch schon einmal bemerkt, wie störend lautes Atmen von Partnern oder Kindern sein kann?

Diese Ereignisse sind Anzeichen von Überforderung oder zu viel Druck. Etwas oder jemand (meistens vielmehr die eigene Einstellung/Überzeugung von Etwas, als die Sache selbst) übt Druck auf das eigene Wohlbefinden aus. Dies bedeutet Stress, Stress ist wie beim Stresstest für Produkte nichts anderes als die Menge an Belastung die auf einen Gegenstand ausgeübt werden kann bevor dieser bricht.

Während niemand Gewichte auf uns stapelt um auszutesten ab wann wir zusammenbrechen, erleben die meisten Menschen psychischen und seelischen Druck von großem Ausmaß. Es läuft einem eine Laus über die Leber, jemand ist einem zu nahe-getreten, man hat etwas persönlich genommen und viele Aussagen mehr beschreiben schon umgangssprachlich, dass eine gesunde Distanz zu Menschen, Situationen, Themen oder Ideen nicht eingehalten wurde.

Es ist einfach zu nahe gekommen...

Manche Menschen gehen sehr souverän mit Druck um und nehmen diesen oftmals gar nicht als solchen war! Egal ob in der Medizin, im Spitzensport oder im Zwischenmenschlichen Bereich. Es gibt Menschen die mit Herausforderungen gelassener, leichter und gesünder umgehen. Diese Menschen verfügen über eine gute Fähigkeit zur Abgrenzung!

Natürlich gibt es auch in diesen Bereichen Menschen die es nicht können und nur mit Aufputschmitteln (morgens), Schlafmitteln (abends) und Antidepressiva (restliche Zeit) über die Runden kommen... Doch wollen wir uns hier ein Beispiel an denen nehmen, die es sehr wohl schaffen!


Abgrenzung: Warum tue ich etwas?

Während es gerade in ist "authentisch" zu sein wird oft vergessen, dass der Authentizität ein Schritt voraus geht. Bevor ich, ich selbst sein kann muss ich erst einmal wissen wer ich bin, was ich brauche und dass ich es wert bin, als Mensch im Gesamtpaket gesehen zu werden. Bin ich bereit zuzugeben, dass ich nicht perfekt bin und Schlaf auch einmal ganz schön wäre?

Oder beharre ich darauf perfekt sein zu "müssen"?

Kennen Sie diese "inneren Selbstgespräche"? Ich muss erreichbar sein, sonst verliere ich meinen Job. Ich muss putzen, was hätte meine Mutter zum Staub am Regal zu sagen. Ich muss meinen Kindern jedes Spielzeug kaufen, nur dann bin ich eine gute Mutter/Vater/Großmutter/Großvater/Onkel/Tante/Pate etc. Ich muss erfolgreich sein, sonst bin ich nichts wert. Ich muss dieses oder jenes Ziel erreichen. Ich muss für meine Freunde erreichbar sein, selbst wenn ich zwölf Stunden gearbeitet habe. Ich muss noch die Wäsche bügeln. Ich muss das neueste Handy haben um dabei zu sein. Ich muss noch diese Schuhe, dieses Angebot, jenes Produkt besitzen oder das größere Auto, denn der Nachbar hat einen neuen Griller/Pool/PC oder Hund bekommen.

Bitte geh einfach im Kopf folgende acht Lebensbereiche durch und überlege dir wo du in der letzten Woche etwas getan hast, weil du musstest obwohl es innerlich an dir gezerrt hat.

Bereiche: Beruf, Freizeit/Hobby, Familie/Freunde, Beziehung, Wohnen/Haushalt, Bildung, Verwirklichung (Fußabdruck in der Welt hinterlassen), Moral (Glaubenssätze, Moralvorstellungen, Religiöse Überzeugungen - für alle die das "nicht" haben: das schließt auch den Weihnachtsstress und -Gebräuche/-Zwänge mit ein!)

Jeder der sich hier nicht wiederfindet: Herzlichen Glückwunsch! Bitte schreib mir deine 10 Tipps wie du dich abgrenzt. -Danke

Für uns andere, ist es wichtig zu erkennen, dass es einen großen Unterschied zwischen einer erwählten Verpflichtung zum Zwecke eines größeren Ziels und einem unbewussten Zwang "weil man halt muss" gibt.

Ich persönlich liebe die sportliche Betätigung die ich für mich gefunden habe. Sie bietet mir nach einem schweren Arbeitstag einen guten psychischen Ausgleich, denn danach wurde nicht nur der Geist den ganzen Tag beansprucht, sondern auch der Körper. Ich liebe die körperliche Fitness, meinen Körper gesund zu erhalten, zu bewegen und zu stärken ist großartig.

In anderen Lebensbereichen habe ich dadurch mehr Kraft, bessere Balance und innere Stabilität. Es profitiert auch meine Gesundheit -mein Immunsystem von diesem Arrangement.

Dies alles bedeutet jedoch nicht, dass es einfach für mich war eine Sportart zu finden, die zu mir passt, mich in den richtigen Bereichen fordert und in meinen Tagesplan passt. Ich wollte beispielsweise nichts machen, dass Stunden dauern würde, da ich dies nicht in meinen Tag integrieren kann und auf Dauer auch nicht würde durchhalten können.

Ebenfalls bedeutet es nicht, dass es nicht Tage gibt, an denen ich mich zum hingehen durchringen muss. Entweder weil der Tag schrecklich war und ich mich ausgelaugt fühle oder aufgrund anderer Dinge. Es ist eine zeitliche Verpflichtung die ich eingegangen bin und die mich auch in gewisser Weise bindet. So bin ich nun drei Abende in der Woche verplant. Tage an denen ich mich dann nicht zu dieser Zeit mit Freunden treffe, sondern die Zeit für diese Verpflichtung, die ich übernommen habe, nutze.

Warum also ist dies eine gewählte Verpflichtung für mich die mir gut tut und kein Zwang der mich auslaugt?

Trotz der Anstrengung und des Aufwands ist der Nutzen den ich persönlich aus dieser Verpflichtung ziehe viel größer als der gefühlte Druck/die gefühlte Einschränkung. Es funktioniert für mich auch nur aus dem Grund, dass ich mich dadurch so gut fühle und die körperliche Fitness so liebe. Würde ich nur glauben, es tun zu müssen, weil man halt was für seinen Körper tun sollte, dann würde ich es nicht durchziehen können, da mich der Zwang "...weil man halt auf seinen Körper schauen muss" zu sehr auslaugen würde.

Aus demselben Grund werden unangenehme Aufgaben, wie Anträge, Verwaltungsaufgaben und vieles mehr, gerne von mir auf die lange Bank geschoben, es sei denn der Druck wird so groß, dass es dann doch schnell erledigt werden muss. Es wäre mir zwar scheinbar von Nutzen diese Dinge zu erledigen "...weil man alles in Ordnung haben muss", jedoch ist dies nicht meine persönliche innere Überzeugung die mir wichtig ist. Anders gesagt, dafür brenne ich nicht, das liebe ich nicht, davon bin ich nicht begeistert. Daher werde ich es auch nie durchhalten, mich dazu zu zwingen etwas zu tun für das ich innerlich nicht brenne.

Es gibt auch Menschen für die Sport nicht so ein inneres Bedürfnis ist wie für mich, solche Menschen finden als Ausgleich zur Arbeit vielleicht eine Kunstform oder ein anderes Hobby welchem sie nachgehen. Jedoch wette ich, dass sie diese Tätigkeit mit derselben Disziplin durchführen wie ich meine sportliche Aktivität -weil sie es lieben!

Wenn Menschen einer Tätigkeit nachgehen, die sie im Innersten überzeugt, für die sie brennen, dann sind sie in der Lage Hürden, Herausforderungen und Druck von erstaunlichen Dimensionen auf sich zu nehmen und zu meistern. Bergsteiger zum Beispiel, um wirklich Bergtouren zu machen, benötigt man körperliche Fitness, Ausrüstung, Kenntnis des Gebiets -der Tour - des Teams - des Touren Gehens und Glück mit dem Wetter. Fragen Sie jemanden der das macht wieviel Geld für Ausrüstung ausgegeben wird, wie früh man da aufsteht uvm. Mit anderen Worten, man muss schon ein bisschen verrückt sein um sich so etwas anzutun.


Ein anderes Beispiel ist das Spielen von Violine oder einem anderen beliebigen Instrument. Denken wir einmal daran wie viele Jahre, jemand übt bis derjenige wirklich in einem Orchester spielt. Wie viele der Übungsstunden davon waren Tonleitern und nicht ein Stück von Bach oder Mozart? Wie sehr haben die Nachbarn wohl unter den Übungsstunden gelitten?


"Ein Genie entsteht zu 1 % aus Talent und zu 99 % aus harter Arbeit."

Albert Einstein

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es viel mehr Gewicht hat, ob dass was man tut zu dem passt wer man wirklich ist und man das generelle Projekt genug liebt, als die Tätigkeit oder die Menge der Tätigkeit selbst. Passt die Tätigkeit zu meinen Grundeinstellungen im Leben, was ist mir wirklich wichtig und wie kann ich davon mehr in mein Leben holen?

Das Leben bietet eine ungeahnte Anzahl an Möglichkeiten, die Kunst ist es die auszuwählen, die mich selbst glücklich machen.

Wie also finde ich heraus, ob dass was ich Tag für Tag tue zu dem passt wer ich wirklich bin. Es hilft zwischendurch inne zu halten und sich zu fragen, will ich das eigentlich? Empfehlenswert ist es ebenfalls herauszufinden, wer man ist, was ist einem persönlich wichtig und warum! Da dies jedoch grundsätzliche Lebenseinstellungen sind und diese sich auch mit den Jahren entwickeln und verändern können, handelt es sich dabei eher um eine Grundhaltung als um ein abzuschließendes Projekt.

Für den aktuellen Moment kann auch folgende Überlegung bereits hilfreich sein:

Ein Weg zur Erkenntnis dessen was man will, führt über das Erkennen dessen was man nicht will.

Warum tue ich etwas?

Antwort A: Weil ich will! Super, was immer es ist passt zu dir und darf bleiben. Variationen dieser Antwort können auch sein, weil es mich zu meinem größeren Ziel führt, weil es mir grundsätzlich Gut tut. Bitte bei diesen Variationen genau auf das eigene Gefühl achten, wenn ich mich gut fühle ist es auch gut. Wenn ich einen Druck spüre oder mich gequält fühle bei der Antwort, dann könnte es eine getarnte Version von Antwort B sein.

Antwort B: Weil ich "muss"? Jeder Mensch der sehr viel "muss" ist meiner Erfahrung nach weniger glücklich. Natürlich müssen wir alle zwischendurch, doch bei Dingen die uns sehr unglücklich machen lohnt es sich, nochmals genauer nachzuhaken: Aber warum "muss" ich?

Interessant wird die Antwort auf diese spezifische Frage "Aber warum "muss" ich?" Je ehrlicher, wir diese beantworten, desto klarer wird das Bild und desto einfacher wird der innere Frühlingsputz mit der Entscheidung was darf bleiben und was fliegt raus.


Ein Alltagsbeispiel: Ich habe mein Auto verkauft.

Das klingt zuerst einmal nach nicht besonders viel Aufwand oder Druck oder Belastung, doch das dahinterstehende Muster ist einfach köstlich und amüsant.

Zuerst einmal, weiß jeder der selbst ein Fahrzeug erhalten muss, dass dies mit viel Aufwand (Erhaltung, Wartung, Pflege, etc.) und Kosten (Nutzung, Reparatur, Instandhaltung, Steuern) verbunden ist. Jetzt habe ich jedoch immer schon gerne auch öffentliche Verkehrsmittel wie beispielsweise Züge genutzt um Fahrten zu unternehmen, vor allem wenn nicht klar war wo man das Fahrzeug am Zielort ohne große Mehrkosten, stehen lassen kann.

Natürlich gibt es jetzt Personen, die das Autofahren und die damit verbundene zeitliche Unabhängigkeit so sehr lieben, dass Sie die Kosten für einen Tiefgaragenparkplatz in einer fremden Großstadt, das Straßen suchen und herumirren gerne in Kauf nehmen. Sie würden dies jederzeit dem auf einen Bus oder Zug warten zu müssen, bevorzugen und fühlen sich auch nicht ausgelaugt durch viele Stunden Fahrt.

Herzlichen Glückwunsch, dies war die erste Erkenntnis, zu etwas, dass ihr für euch selbst macht. Mit anderen Worten, Autofahren ist einfach euer Hut und das passt zu euch! Sehr gut.

Unabhängig ob man nun den Hut bevorzugt, sich chauffieren zu lassen und unabhängig von der Parkplatzsuche zu sein oder lieber den Hut des zeitunabhängigen, Selbstfahrers wählt, es macht in den seltensten Fällen Sinn, beides zu wählen.

In meinem Fall hatte ich also die Kosten für Fahrzeug, Autobahn wie auch für Vorteilskarten, Monatstickets und vieles mehr zu tragen. Zumindest bis ich mir die Frage stellte warum? Weil man ein Auto haben muss... Aber warum muss man ein Auto haben?

Die sehr spannende Antwort auf diese Frage lautete in meinem Fall: Weil meine Mutter der Meinung ist, dass ein Auto Unabhängigkeit bedeutet und eine Frau heutzutage unabhängig sein muss. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass ich mich sehr viel leichter fühle, seit ich erkannt habe, dass die Einstellung meiner Mutter, nicht meine Einstellung ist. Für das Geld, dass mir nun monatlich übrig bleibt, habe ich ebenfalls weit bessere Verwendung...

Weiters bin ich jetzt nicht weniger mobil als zuvor, denn wenn ich ein Auto benötige kann ich es borgen, viele in meinem Verwandten- und Bekanntenkreis nutzen bereits Mietauto -Angebote für die wenigen Male wo wirklich ein Auto benötigt wird. Ich bin auch nicht weniger Unabhängig als zuvor und sollte sich die Situation zukünftig dahingehend ändern, dass ein Fahrzeug wieder notwendig ist, dann habe ich die Möglichkeit zu einem Händler zu gehen, denn die verkaufen Fahrzeuge - freiwillig...

Im Gesamten fühle ich mich nun weniger belastet, es war jedoch nicht einfach meiner Mutter zu erklären, dass ich mein Auto verkaufe. Jedoch ist es wichtig, sich genau in einem solchen Moment für den eigenen Hut zu entscheiden. Unabhängig davon ob jemand anderes einen anderen Hut bevorzugt. Das ist Abgrenzung.

Ich hätte natürlich auch weiterhin die doppelte finanzielle Belastung tragen können um es unbewusst meiner Mutter recht zu machen. Ich könnte mich durch die Reparaturkosten belastet fühlen und durch die Verpflichtungen abhängig, doch ehrlich gesagt, hatte ich darauf keine Lust mehr.

Es ist also wichtig herauszufinden was der eigene Hut ist und wenn man das herausgefunden hat, dann setzt man ganz klare Schritte in diese Richtung.


Vielleicht ist es in unserer Gesellschaft des von allem "Zu viel", seltsam auch einmal auf etwas zu verzichten, doch andauernd alle Kanäle bedienen zu wohlen, es jedem recht machen zu wollen, alles gleichzeitig, immer, jederzeit machen zu müssen ist reine Überforderung. Wenn man sich wie eine Spinne im Netz verzweifelt an allem festklammert (auch wenn es einen selbst unglücklich macht) dann stellt man irgendwann fest, dass man sich in keine Richtung mehr bewegen kann.

Checkliste Abgrenzung:


· Zugeben ich habe Bedürfnisse
· Erkennen warum ich etwas tun "muss"
· Entscheiden ob es wirklich zu mir gehört und entsprechend handeln


Was Abgrenzung nicht ist: Abgrenzung hat nichts mit Egoismus zu tun. Egoismus in seiner schlechten Form hat mehr mit Selbstdarstellung zu tun, als mit sich "Selbst" sein. Ein Egoist, wäre er tatsächlich nur mit sich selbst beschäftigt, würde niemandem weiters schlecht auffallen. Man könnte diese Leute irgendwo alleine hinsetzen und sie wären sich per Definition ja selbst genug... Dies trifft bei diesen unangenehmen Zeitgenossen leider jedoch nicht wirklich zu.

Diese negativen Erfahrungen machen wir ja mit sogenannten Selbstdarstellern! Diese nehmen sich zwar selbst über alle Maßen wichtig, doch benötigen sie immer ein Publikum, ein solcher Egoist allein im Wald wird von niemanden angehimmelt und ist unglücklich.

Bei Abgrenzung hingegen geht es vielmehr darum zu entscheiden, was will ich eigentlich grundsätzlich in meinem Leben und unterstützt mich die aktuelle Situation dabei dies zu erreichen? 

Achtung: Wenn ich mich für etwas entschieden habe, dann lebe ich einfach nach dieser Entscheidung. Ich beurteile, kritisiere jedoch nicht andere Menschen, die sich statt für die rechte Abzweigung für die linke entschieden haben. Die möchten einfach nur etwas anderes erleben! -Sollen, sie doch! Wie schön für diese Leute! Wie schön wenn jemand nach seinem Hut lebt und dabei glücklich ist. Vielleicht schicken sie mal eine Postkarte von da wo sie gerade sind und wir freuen uns alle gemeinsam über die schönen Möglichkeiten des Lebens.

Es geht ebenfalls nicht darum sich vor kleinen Hürden zu drücken, wenn diese der Erreichung des großen Ziels dienen, doch wenn wir uns bei etwas kontinuierlich schlecht fühlen, dann lohnt sich die Frage: Warum tue ich das?

Zu getroffenen Entscheidungen zu stehen, ist ebenfalls sehr wichtig. Es gibt Dinge im Leben, die sind permanent und die Entscheidung ob man das jetzt will oder nicht sollte im besten Fall VORHER getroffen werden.

Kinder beispielsweise können nicht zurückgegeben oder umgetauscht werden, sollte die Entscheidung für Kinder gefallen sein, dann ist das jetzt so und man beweist Größe und steht dazu. Es gibt auch genug andere Lebensbereiche in denen man noch seinen Hut finden und leben kann, unabhängig davon ob die Entscheidung für Kinder in Retrospektive vielleicht besser nicht getroffen worden wäre!

Grundsätzlich ist mit Beziehungen aller Art (Familie, Beziehung, uvm.) achtsam umzugehen. Jedoch die Verpflichtung gegenüber den eigenen Kindern ist bindend, alles andere kann nochmals neu verhandelt werden, doch Kinder haben sich nicht selbst in diese Welt gebracht und daher heißt es Zähne zusammenbeißen und dazu stehen.


Abgrenzung auch im Homeoffice:

Ich habe ja immer gedacht, dass ich mir schwer tue mit Abgrenzung. Hin und wieder nehme ich doch etwas mit nach Hause. Ein übler Anruf von Kunden oder Stress und das Abschalten gelingt dann das ganze Wochenende nicht und die Erholung bleibt aus.

Jetzt fällt mir jedoch immer mehr auf, dass ich das schon sehr gut hinkriege, klar schaffe ich es manchmal nicht ganz aber ich kenne in meinem Umfeld viele, die es noch viel weniger hinbekommen.

Dabei ist es so wichtig! Wer sich in der Freizeit nicht erholt, hat dann die ganze Woche über keine Kraft um gut zu arbeiten.

Also für alle angehenden Workaholics die gerade Homeoffice machen und eigentlich nur Büroarbeit haben - immer mitbeten:

  • Ich bin kein Chirurg, Notarzt, Sanitäter... kein Feuerwehrmann, kein Polizist und niemand der für Menschenleben verantwortlich ist. -Das sind die Menschen die jetzt wirklich viel Arbeit haben und auf die wir nicht verzichten können!
  • Ich führe keine Operationen am offenen Herzen durch! Es kann nichts so wichtig sein, dass es nicht am nächsten Morgen oder nach dem Wochenende auch noch erledigt werden kann.
  • Wenn ich nicht erreichbar bin, dann stirbt niemand!
  • Ich bin nicht verantwortlich für die Unfähigkeit meiner Mitmenschen
  • Ich bekomme nicht mehr bezahlt, keinen Dank und keine Anerkennung, wenn ich unbezahlte Überstunden mache!
  • Die Firma wird nicht aufgrund dieses einen Anrufs in Konkurs gehen und wenn doch sind andere Leute (Chefs) dafür zuständig.


Nachdem jetzt die mentale Haltung gecheckt ist, was kann man effektiv tun, wenn die Arbeit so wie in meinem Fall direkt in der Wohnung sitzt und höhnisch um die Ecke grinst:

  • Ausschalten! Firmenhandy und Firmencomputer am Wochenende und Feierabends ausschalten. Das ist der rote Knopf, ja den darf man drücken, das Gerät wird nicht explodieren, versprochen! Außerdem will auch der PC und das Handy einmal Wochenende haben! Mit welchem Recht zwingst du sie zum Weiterarbeiten?
  • Wegräumen! Aus den Augen aus dem Sinn, gerne dürfen etwaige Geräte im Schrank oder in der Lade verschwinden. -Zugemacht und fertig! Ok, ich kann den PC jetzt auch nicht jedes Mal vom Tisch heben -deshalb zack Tuch drüber und gut ist. Keine Sorge, ich bin mir ganz sicher, dass ihr das Gerät am Montag wiederfindet!
  • Notfall-Liste erstellen: Wenn es in der Freizeit unter den Fingern juckt, auf das Handy zu blicken ob nicht vielleicht doch eine Anfrage hereingekommen ist, hilft es, wenn man sich eine Liste mit Dingen vorbereitet hat, die man dann zuerst tut. Beispielsweise aufstehen und Kaffeekochen gehen, sich die Filme ansehen, die man schon in der Merkliste hat oder am besten die ganze Serie ansehen und die Lieblingsmusik anhören.
  • Sollte es mit positiven Anregungen nicht mehr helfen, weil das Verlangen schon so groß wird, kann man sich auch die am wenigsten beliebtesten Arbeiten vornehmen. Bevor ich auf das Handy schauen darf, muss der Kasten aufgeräumt werden (der eine, den man immer aufräumen will, seit Jahren), die Wäsche gewaschen, die Fenster geputzt werden, ... Für alle die Hausarbeiten doch nicht so schlimm finden: vor dem Blick auf das Handy muss das mit der Versicherung, dem einen Vertrag, der Antrag, die Ablage der Post und Formulare etc. erledigt worden sein. Hilft dies immer noch nicht, dann kann man auch eine Trainingseinheit für die körperliche Fitness durchführen, dass tut auch der Firma gut denn Mitarbeitergesundheit ist wichtig.
  • Was will mein Chef: Natürlich ist es wichtig, dass die Arbeit erledigt wird, doch haben auch die Vorgesetzten keine Freude mit gereizten, überforderten und unausgeglichenen Mitarbeitern. Somit wird auch die Firmenleitung mehr Freude haben, wenn zu den vereinbarten Zeiten die Arbeit mit Enthusiasmus und Engagement erledigt wird. Also in der Arbeitszeit fit sein und Feierabend frei machen, dann haben alle etwas davon.